Bahnhof und Viadukt

Bahnhof und Eisenbahn-Viadukt Königstein

Wer heute die Sächsische Schweiz besuchen möchte, setzt sich früh in Dresden in die S-Bahn und ist in 30 min in Wehlen, 10 min später in Königstein. Das war nicht immer so. Vor dem Jahre 1850 mußte man mit der Postkutsche reisen, deren Strecke nicht so romantisch entlang der Elbe, sondern wie auch heute die modernen Straßen, über die Ebenheiten oberhalb des Elbtales führte. Und es war auch nur im Sommer möglich, täglich von Dresden über Pirna hinaus ins Elbsandsteingebirge zu kommen. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit der kursächsischen  Postkutschen betrug zudem nur ca 10 km/h. Die Elbschifffahrt für touristische Ausflüge entwickelte sich erst ab 1836 mit der Gründung der Sächsischen Dampfschiffahrts Gesellschaft und der Einsetzung von Dampfschiffen zur Personenbeförderung. Am 30.Juli 1837 fuhr der erste Schaufelraddampfer, die "Königin Maria" offiziell hinauf bis nach Rathen. Der Aufbau einer Dampferflotte auf der Oberelbe fiel somit genau in die Zeit der Errichtung der Eisenbahnlinie Dresden-Bodenbach-Prag.

Um so mehr begrüßten es die Reisenden, als am 31. Juli 1848 die Jungfernfahrt der ersten Eisenbahn von Dresden nach Pirna stattfand. Eine jubelnde Menschenmenge stand auf dem alten Pirnaer Bahnhof am Klosterhof und sah voller Erstaunen und Bewunderung die Einfahrt des langen Zuges. Die Dampflokomotive trug den Namen Pirna. Als Sächsisch-Böhmische Staatseisenbahn wurde die Strecke schnell erweitert und so wurde Königstein am 9. Mai 1850 an das deutsche Eisenbahnnetz angebunden. Der Streckenabschnitt bis Krippen folgte einen Monat später und am 6. April 1851 fand die Eröffnungsfahrt mit der blumengeschmückten Lokomotive "Austria" von Dresden über Bodenbach nach Prag statt.

Der denkmalschütze Bahnhof in Königstein, so wie er heute zu sehen ist, wurde im Jahre 1896 fertiggestellt. Begonnen hat der Bau schon 1849 und der Bahnhof war bereits nach einem Jahr zur Einweihung der Teilstrecke Pirna-Königstein betriebsbereit. Die Eröffnung für den Personen- und Güterverkehr fand am 9. Mai 1850 statt. Das Bahnhofsgebäude entstand 1875 und die eiserne Bahnhofsüberdachung am Gleis 2 im Jahre 1896. Auf alten Bildern sieht man einen Mittelbahnsteig, eine Weichenverbindung zwischen den 2 Gleisen und die liebevolle Gestaltung des Bahnsteig 2 vor der Warte- und Speisehalle mit Bänken und Bäumchen.

Der Personenbahnhof wurde schnell zum touristischen Einfallstor von Königstein und seiner Umgebung und die Zahl der Zugpassagiere stieg kontinuierlich an. So verzeichnete der Bahnhof Königstein laut Raddatz im Jahre 1869 über hunderttausend ein- und ausgestiegene Fahrgäste der Klassen I, II und III. Für 1875 zeigt die Statistik knapp zweihunderttausend Passagiere an, eine Steigerung um fast das Doppelte in nur sechs Jahren. Die Infrastruktur damals im und um den Bahnhof herum ist aus heutiger Sicht beeindruckend. Über Fahrkartenverkauf und Beratung, Wartehallen, öffentlicher Toilette, Restaurant, Reisegepäckaufbewahrung, Droschken,- Wagen- und Zimmervermittlung entstanden um den Bahnhof große und renomierte Hotels und Restaurants. Die Bahnhofstraße entwickelte sich zur Hauptgeschäftsstraße in Königstein und es gab praktisch alles zu kaufen.

Der 1,6 km lange Königsteiner Viadukt war einer der schwierigsten Bauabschnitte der Strecke, mußte doch das Bauwerk stabil genug sein, um den Druck der immer wiederkehrenden Hochwasser stand zu halten. Da mitten in die Bauarbeiten der Strecke das verheerende Hochwasser von 1845 fiel, welches auch die "Sächsische Sinnflut" genannt wurde und eine bis dahin nicht vorstellbare Höhe von  12,45 m erreichte, konzipierte man den Bahndamm drei österreichische Fuß (1 östr. Fuß = 32,6 cm), also etwa einen Meter höher als der Höchstpegel dieser Flut stand. Und bis zum heutigen Tage war der Gleiskörper der Bahn in Königstein noch nie überflutet und kann somit bei Hochwasser, wenn auch stark eingeschränkt, weiter für Fern- und Güterverkehr genutzt werden. Der 1992 sanierte Eisenbahnviadukt von Königstein, ein Meisterwerk der Architekten des 19. jahrhunderts,  hat 31 Bögen im Stadtgebiet, von denen heute wieder 22 offen sind.

Die neue Eisenbahnverbindung war schaffte nicht nur Touristen in die Sächsische Schweiz. Die Strecke wurde auch für den Gütertransport genutzt und somit gab es in Königstein neben dem Personenbahnhof am heutigen Standort einen Güterbahnhof, der etwa 1,3 Schienenkilometer Richtung Bad Schandau lag. Dieser Güterbahnhof war fast 2 km lang und hatte 3 Haupt- und 5 Neben- bzw. Ladegleise sowie 3 Bahnübergänge. Die anliegenden Industrieanlagen bekamen entsprechende Anschlußgleise. Die größte davon war die Holzhandlung, das Dampfsägewerk und die Goldleistenfabrik der Gebrüder Hering um die Jahrhundertwende. Im Dampfsägewerk J. G. Hering & Co waren 250 Arbeiter beschäftigt und jährlich wurden dort rund 60000 Festmeter Rundholz zu Brettern und Balken verarbeitet, welche 2500-3000 Güterwagons füllten. Der "Productenbahnhof", wie der Güterbahnhof damals genannt wurde, erlangte um diese Zeit seine größte Bedeutung. Zwischen 1950 und 1960 wurden auf dem Gelände des Güterbahnhofes auch Lehrlinge für den Betriebs- und Verkehrsdienst der Deutschen Reichsbahn ausgebildet. Der Güterbahnhof Königstein wurde 1870 erbaut und verlor ab 1970 langsam an Bedeutung. Heute ist von dem ehemaligen großem Umschlageplatz fast nichts mehr zu sehen.

Der Bahnhof Königstein ist 1994 restauriert worden und die Bahnsteigüberdachung wurde sandgestrahlt. Die Gebäude stehen jedoch alle leer und von dem Charme der 1870er Jahre ist nichts mehr zu spüren. Die Station wurde zum Haltepunkt heruntergestuft und es fahren S-Bahnen im 30 min Takt nach Dresden und Schöna. Fernzüge halten hier keine mehr. Trotzdem hat die Strecke und der Bahnhof nicht an Bedeutung verloren. Für den Güter- und Personenfernverkehr ist die Route durch das Elbtal eine der wichtigsten in Deutschland und Europa. Und für den Tourismus in der Region ist die Bahn das Verkehrmittel Nr. 1, gestern und heute.

-Quellen:

-Flügelrad und Elbsandstein, Pirnaer Redaktions- und Verlagsgesellschaft
-Johannes Raddatz - Eisenbahn in der Sächsischen Schweiz, Band 2
-Jens Herbach's Sachsenschiene
-Der Sächsische Scheiz Ring
-Angela Knöckel-Reinöhl
-Fachgruppe Elbschifahrt Dresden
-625 Jahre Königstein - Das Buch zum Stadtjubiläum 2004
-Wikipedia